Selbstbild bei der Stammzellenspende mit Nadeln in beiden Armen und der Zentrifugier-Maschine zur Trennung der Blutbestandteile.

Stammzellenspende bei Cellex

Gestern, am 03.12.2014 war es endlich soweit und ich konnte meine Stammzellen in der MediaPark-Klinik in Köln spenden. Die Vorbereitung hat sich gelohnt und ein Durchlauf hat ausgereicht

Die Vorbereitung zur Stammzellenspende hat nach der Voruntersuchung am 18.11.2014, ebenfalls in Köln, am Samstag vier Tage vor der eigentlichen Spende begonnen. Ich musste mir zweimal täglich selbst eine Spritze des Medikaments Granocyte verabreichen. Das Medikament bewirkt durch den Wachstumsfaktor G-CSF, dass die Stammzellen aus den großen Knochen in den Oberschenkeln, den Oberarmen und dem Becken in den peripheren Blutkreislauf übergehen und von dort mit einer Art Blutwäsche herausgefiltert werden können. Das geschieht unter anderem auch „automatisch“ wenn der Körper eine Entzündung entdeckt.

Nebenwirkungen von Granocyte

Natürlich hat auch dieses Medikament, wie jedes andere auch, einige Nebenwirkungen. Von den schlimmen Nebenwirkungen hatte ich glücklicherweise keine und bei mir haben nur Kopf-, Nacken- und Gliederschmerzen eingesetzt. Jedoch stark genug, dass ich an manchen Tagen eine Tablette Paracetamol einnehmen musste, da Schmerzen – auch wenn sie relativ leicht sind – auf Dauer ziemlich nervtötend sein können.

Zusätzlich habe ich mir noch einen stärkeren Schnupfen eingefangen, der meine Nase zum Laufen und meinen Hals zum schmerzen brachte. Ob dieser durch die Behandlung und eine eventuelle vorübergehende Schwächung meines Immunsystems kam oder es einfach mal wieder an der Zeit dafür war kann ich allerdings nicht sagen. Die Stammzellenspende selbst hat das jedoch nicht beeinträchtigt.

Die Tage vor der Stammzellenspende

Wie bereits erwähnt, musste ich vier Tage vor der eigentlichen Stammzellenspende damit anfangen mir selbst Spritzen zu geben. Die erste Spritze hat mich dann auch einiges an Überwindung gekostet. Immerhin musste ich das noch nie zuvor machen und welcher Mensch sticht sich schon selbst gern durch die Haut und injiziert sich irgendeine merkwürdige Substanz? Das Medikament selbst ist gefriergetrocknet und muss vorher mit sterilem Wasser aufgelöst werden, bevor es in die Spritze aufgesogen werden kann. Ich musste jeweils zwei dieser Lösungen in einer Spritze aufziehen und mir dann verabreichen.

Zu meiner Erleichterung konnte ich jedoch feststellen, dass das Ganze einfacher als erwartet war und durch die sehr dünne Nadel auch kaum zu spüren. Alternativ hätte ich auch die Möglichkeit gehabt bei Cellex anzurufen, die mir dann einen Pflegedienst organisieren. Aber so ein Weichei bin ich dann auch wieder nicht

Die nächsten Tage wurden die oben genannten Nebenwirkungen allmählich stärker und die Einstiche taten auch deutlich mehr weh. Wahrscheinlich weil ich immer fast an der gleichen Stelle gespritzt habe und das Gewebe das halt doch irgendwann gemerkt hat. Ich habe mich manchmal gefühlt wie ein Nadelkissen

Auch der deutliche Schlafmangel hat sein Übriges dazu getan, um meine Leistungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Die letzte Woche habe ich vor lauter Aufregung und Druck, auf gar keinen Fall den Spritztermin zu verpassen, keine Nacht mehr als 4 Stunden geschlafen. So deutliche Augenringe wie aktuell hatte ich zuletzt vor ca. 13 Jahren in der Hochzeit meiner Browsergame-Karriere.

Die Stammzellenspende selbst

Blick von oben auf den Rangierbahnhof von Köln
Der Ausblick auf den Rangierbahnhof von Köln aus meinem Zimmer im Azimut Hotel in Köln

Einen Tag vor dem eigentlichen Termin zur Stammzellenspende bin ich dann mit dem ICE nach Köln angereist. Dank der perfekten Organisation von Cellex hatte ich freie Wahl was den Zug angeht und konnte so bequem tagsüber fahren statt abends im Berufsverkehr. In Köln angekommen habe ich mich dann auf den Weg zu meinem Hotel gemacht, welches auch nur ca. 500 Meter von der Entnahmeklinik entfernt liegt. Kurze Zeit später wurde ich von Cellex angerufen, dass sich mein Termin von 7:30 Uhr auf 11.00 Uhr verschiebt. Für einen Morgenmuffel wie mich natürlich super.

Nach einer extrem kurzen Nacht und der morgendlichen Dusche zum Aufwachen musste ich mir dann gegen 9 Uhr die letzte Spritze geben, bin gemütlich frühstücken gegangen und habe mich dann auf den Weg zur Klinik gemacht. Dort angekommen wurde ich bereits erwartet und eine sehr freundliche Pflegerin hat mich nach kurzer Zeit abgeholt und mich auf einen Stuhl verwiesen, der denen beim Zahnarzt durchaus ähnlich ist.

Bild eines Venenzugangs, aus dem das Blut für die Stammzellenspende entnommen wurde.
Aus meinem linken Arm wurde das Blut abgezapft und in die Maschine geleitet.

Anschließend wurden mein Blutdruck, Puls und meine Temperatur gemessen und die Zugänge zu meinen Venen gelegt. In die linke Armbeuge wurde eine große Stahlnadel gestochen, durch die man auch locker durchschauen konnte. Der Einstich hat kurz geschmerzt, war aber dann nicht weiter schlimm. In den rechten Arm wurde ein biegsames Plastikröhrchen eingeführt, so dass ich diesen auch weiterhin relativ frei bewegen konnte. Aus der linken Vene wurden dann noch einige Blutproben entnommen, anhand derer bestimmt wurde wie lange die Entnahme bei mir dauern wird bis genug Stammzellen extrahiert sind.

Kleine Geschenke in Form von Büchern und Broschüren nach der Stammzellenspende.
Zum Abschluss gab es ein Care-Paket von Cellex und zwei Bücher der DKMS.

Außer mir war noch jemand zur Spende vor Ort und wir konnten uns auch sehr schnell auf einen Film einigen, der uns beide interessiert. Nachdem bei diesem der Abspann lief kam Thomas, ein weiterer Pfleger zu uns, und überreichte uns im Namen der DKMS ein Buch mit einigen Spender- bzw. Patientengeschichten. Alle sehr emotional und manche wirklich beeindruckend. Außerdem erzählte er uns noch was jetzt genau nach der Stammzellenspende geschieht. Währenddessen waren auch die Testergebnisse unserer Blutproben angekommen. Der andere Spender konnte nach insgesamt ca. zwei Stunden von der Maschine abgeschlossen werden. Da die Stammzellen-Konzentration in meinem Blut jedoch nicht so hoch war wie ursprünglich erwartet, wurde die Maschine auf eine Zeit von ca. fünf Stunden eingestellt. Insgesamt flossen dadurch 21 Liter meines Blutes durch die Zentrifuge.

Gegen 16:30 Uhr wurde ich dann von der Maschine abgeschlossen und bekam einen pinken Druckverband um die Einstiche in meinen Armen gewickelt, den ich nach 3-4 Stunden abnehmen und gegen Pflaster tauschen durfte. Außerdem wurden mir noch mehrere Portionen Kalium und Kalzium mitgegeben, da diese beiden Elemente durch die Stammzellenspende in meinem Körper stark reduziert waren und die ich abends und morgens noch einnehmen sollte, um diese Werte wieder zu normalisieren. Nach weiteren 30 Minuten, in denen ich noch vor Ort bleiben musste, konnte ich dann die Klinik verlassen und habe ich mich auf den Weg zurück ins Hotel gemacht und ein wenig ausgeruht. Kurz darauf kam auch schon telefonisch die Bestätigung, dass genug Stammzellen entnommen werden konnten und ich kein zweites Mal erscheinen muss.

Alles in allem war das größte Problem während der langwierigen Stammzellenspende, dass mir nicht langweilig wurde oder ich sogar einschlief. Das wäre eher schlecht gewesen, da die an mich angeschlossene Maschine sofort aufgeregt zu piepen begann wenn ich das grüne Schaumstoffherz in meiner linken Hand nicht regelmäßig drückte. Durch die netten Pfleger, mit denen man auch sofort beim Du angelangt war, war die Zeit aber sehr gut auszuhalten. Ab und zu hat mal ein Doktor vorbeigeschaut und geprüft, ob alles in Ordnung ist und nichts den Ausgang der Stammzellenspende beeinträchtigt.

Nach der Stammzellenspende, ein Blick in die Zukunft

Da es gestern schon später war, als ich die Klink verlassen habe, habe ich heute morgen bei der Cellex angerufen und nach den Daten „meines“ Patienten gefragt. Dieser ist ein 42-jähriger Mann aus der Schweiz und meine Stammzellen wurden noch an diesem Morgen in seine Klinik transportiert. Die Schweiz ist leider auch hier, wie in so vielen anderen Situtionen, ein Sonderfall. Denjenigen, der nun ebenfalls mit meinem Blut durch das Leben geht, werde ich wohl nie kennenlernen. Die Schweiz erlaubt hier nur einen einmaligen anonymen Kontakt zwischen Spender und Empfänger.

Diesen werde ich auch aufnehmen, sobald ich etwas über den Gesundheitsstatus von ihm erfahren konnte. Die DKMS wird dazu eine Anfrage an die Transplantionsklinik stellen, jedoch kann sich eine Antwort hier auch gut und gerne mal ein Jahr hinziehen. Von daher bleibt mir aktuell nur die Möglichkeit ihm hier, an dieser Stelle, alles Gute zu wünschen und hoffe, dass meine Stammzellen sich bei ihm einnisten können und er dadurch weiterleben kann.

„Mein Blut“ ist hier übrigens bei weitem nicht übertrieben. Die Stammzellen in seinem Körper wurden in der letzten Zeit komplett zerstört und werden durch meine ersetzt. Wenn das funktioniert bilden diese in seinem Körper erneut gesundes Blut und heilen seine Krankheit. Und wenn er sich mal in den Finger schneiden sollte tropft daraus die gleiche Brühe mit der gleichen Blutgruppe wie auch bei mir, wenn ich mal wieder beim Kochen zu unvorsichtig war und das Messer unterschätzt habe. Was auch nicht vergessen werden darf: Hätte ich im letzten Moment einen Rückzieher gemacht oder mir wäre etwas zugestoßen wäre das das fast sichere Todesurteil meines genetischen Zwillings gewesen, da sein Immunsystem für den Erfolg der Behandlung zuerst komplett zerstört wurde und er somit keinerlei Abwehrkräfte gegen Viren, Bakterien und was es da noch alles gibt hatte.

Ich selbst muss ca. 30 Tage nach der Stammzellenspende, also Anfang Januar, noch einen Fragebogen ausfüllen und an die Cellex schicken. Außerdem soll ich ein Blutbild bei meinem Hautarzt machen lassen und dessen Ergebnisse beilegen, so dass die aktuellen Werte mit denen vom Tag der Voruntersuchung verglichen werden können. Hiermit wird überprüft, ob sich alles wieder komplett regeneriert hat oder ob die Stammzellenspende bei mir irgendwelche Veränderungen hervorgerufen hat.

Nachdem das alles jetzt erstmal vorbei ist bin ich überglücklich das tatsächlich von Anfang an bis zum Ende durchgezogen zu haben. Auch wenn ich erstmal froh darüber bin, dass ich zunächst keine Medikamente mehr nehmen oder zu irgendwelchen Untersuchungen quer durch Deutschland reisen muss, hätte ich gestern Abend Luftsprünge vor Freude machen können in dem Wissen, dass meine Zellen eventuell ein neues Leben für einen schwerkranken Menschen ermöglichen. Dieses Gefühl ist unbeschreiblich erfüllend und ich kann nur jedem empfehlen sich ebenfalls als Stammzellenspender registrieren zu lassen und anderen Menschen dadurch Hoffnung zu geben. Die Strapazen, die man selbst durchmacht sind in keinster Weise mit denen des Patienten zu vergleichen.

Für andere Patienten bin ich jetzt für zwei Jahre gesperrt und bin damit zum exklusiven Spender für den Mann in der Schweiz geworden. Hier kann es eventuell tatsächlich auch dazu kommen, dass ich nochmal eine Stammzellenspende durchmachen muss, falls sie doch nicht ausgereicht haben sollten. Wahrscheinlich ist eine Spende von Lymphozyten aber eher vonnöten, um die Heilung weiter zu unterstützen. Nach diesen zwei Jahren stehe ich theoretisch wieder jedem Patienten zur Verfügung und würde auch jederzeit erneut eine Stammzellenspende leisten.

7 Kommentare

  1. Heh Benni!

    Ich starte morgen mit dem Granozyte Spritzen und lasse mir die erste Spritze im UKM Münster von einem Arzt geben. Jetzt sagten die, dass Sie mich bei der ersten Spritze danach 30min beobachten wollen ob ich allergisch reagiere. War vorher nie die Rede von, wenn ich es richtig verstanden habe, hast Dur direkt selbst mit dem Spritzen angefangen?

    Gruß, Tom

    1. Moin Tom,

      erstmal Glückwunsch, dass du die Chance bekommst ein Leben zu retten und Respekt für deinen Mut. Aus eigener Erfahrung weiß ich ja, dass es den auch durchaus dazu braucht. Nun aber zu deiner Frage: Ich konnte direkt selbst mit dem Spritzen beginnen. Von einer Beobachtung auf allergische Reaktionen war bei mir nie die Rede, wohl auch deswegen weil ich gegen nichts allergisch bin. Ist das denn bei dir der Fall?

      Viele Grüße,
      Benni

      1. Hallo Benni,
        super geschrieben. Habe gestern die Stammzellenspende hinter mich gebracht und würde es immer wieder tun. Auch die Beschwerden während der Spritzentherapie hielten sich bei mir in Grenzen. Bisschen Kopf- und Rückenschmerzen. Dank Paracetamol kein Thema. Und es ist ein schönes Gefühl, dass ich vielleicht ein Leben retten konnte. Viele Grüße, Elke

        1. Moin Elke,

          willkommen im Club der Stammzellenspender Bei mir war es mit den Nebenwirkungen der Spritzen ähnlich. Ich hatte glücklicherweise auch nur leichtere Beschwerden, die mit dem Paracetamol gleich wieder weg waren. Ich habe jedoch inzwischen auch anderes gehört und wir zählen da wohl eher zu einer Minderheit.

          Viele Grüße,
          Benni

          1. Hallo Benni,
            im Oktober folgt Teil 2. Diesmal ist es eine Lymphozytenspende für meine Empfängerin. Hoffentlich hilft diese ihrer Gesundheit auf die Sprünge.
            LG Elke

  2. Danke für die ausführlichen Berichte. Mich würde abschliessend noch interessieren ob einen Kontakt mit dem Empfänger zustande gekommen ist.

    1. Bisher leider nicht. In die Schweiz ist auch nur ein einmaliger anonymer Kontakt zwischen Spender und Empfänger möglich, alles andere ist gesetzlich verboten.

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